Die Sounds & Books-Reviews zu den am 19.04.2024 erscheinenden Alben von A Certain Ratio, Marek Johnson und The Bacon Brothers
von Werner Herpell
In der neuen Ausgabe der „Kurz und gut“-Rubrik bei Sounds & Books geht es um die am 19.04.2024 erscheinenden Alben der britischen Punk-Funk-Veteranen A Certain Ratio, des Kölner Singer-Songwriters David Helm aka Marek Johnson und des US-amerikanischen Country-Rock-Duos The Bacon Brothers mit dem bekannten Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon an Mikro und Gitarre.
A Certain Ratio: It All Comes Down To This
Diese gewisse Gefälligkeit, die auf den Mainstream schielt – das war nie Sache von A Certain Ratio (ACR). Anfangs als Zeit- und Stilgenossen der britischen Postpunk-Götter Joy Division einsortiert, wandte sich die Band aus
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Manchester nach einem New-York-Trip 1980 dem polyrhythmisch nervösen Funk-Rock jener aufregenden Zeiten zu (die Talking Heads hatten sie da mit ziemlicher Sicherheit intensivst gehört). Das Ergebnis war eine höllisch groovende Mixtur aus New Wave und Black Music. Die Erinnerungen an bollernde Bässe, peitschende Drums und magisch auf den Dancefloor treibende Gitarren weckt nun auch wieder „It All Comes Down To This“, das 13. Album von A Certain Ratio seit ihrem Debüt von 1980.
Das mittlerweile wieder auf die Gründungsmitglieder Jez Kerr, Martin Moscrop und Donald Johnson reduzierte Trio pflegt immer noch diesen mal kantig-sperrigen, mal zugänglicheren Punk-Funk-Sound – dies ist eine Band, die ihre Vergangenheit stolz in die Gegenwart überführt hat. Für „It All Comes Down To This“ wurde das Klangbild unter der Produktionsregie des angesagten Studiotüftlers Dan Carey aufs Wesentliche beschränkt. Vom tollen Opener und Titelstück über den harten Funk von „Keep It Real“ und „We All Need“, von der Nile-Rodgers-Gedächtnisgitarre in „Out From Under“ bis zum fast poppigen Closer „Dorothy Says“: ein starkes, selbstbewusstes Statement einer Band im 47. Jahr ihres Bestehens.
Das Album „It All Comes Down To This“ von A Certain Ratio erscheint am 19.04.2024 bei Mute/Pias. (Beitragsbild: A Certain Ratio von Debbie Ellis)
Marek Johnson: Mumbling On The Floor
Wie oben angedeutet: Marek Johnson heißt eigentlich David Helm und wird von seinem Label Papercup Records als „vielseitiger Jazzmusiker“ vorgestellt, der „sich dem Pop und seinen Verheißungen sowie seinen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten öffnen will“. Das hört sich bescheiden an, oder anders herum: Der Kölner ist mit seinem zweiten Singer-Songwriter-Album „Mumbling On The Floor“ auf dem spannenden Weg der Öffnung schon ein gutes Stück vorankommen. Gleich im Opener „Lucky Star“ meint man dem Solo-Lennon der 70er beim versonnenen Murmeln (nichts Anderes heißt „Mumbling“) zuzuhören, in „Borrowed Time“ zollt Johnson/Helm dem (seinerseits großen Beatles-Verehrer) Elliott Smith Tribut, die LoFi-Pianoballade „Confusion“ könnte glatt von einem dieser wunderbar verspielten Jon-Brion-Soundtracks stammen, „The Cross“ verneigt sich vor Randy Newman, und „Reply, Reply“ wird am Ende regelrecht opulent.
Es gibt also viel zu mögen auf dieser sich prächtig entfaltenden Sophisticated-Pop-Platte. Und trotz der genannten Einflüsse – das Label kommt auch auf Robert Wyatt, Mark Hollis oder Kings Of Convenience, alles nicht ganz ohne Grund, und spricht originellerweise von einem „fragilen Mumblecore“ – sind die elf Lieder in all ihrer Zart- und Introvertiertheit sehr eigenständig und ambitioniert. Marek Johnson verknüpft Sixties- und Neo-Folk, experimentelle Psychedelia- und Electro-Elemente (etwa in „Chasing Rainbows“) sowie Prog- und Barock-Pop zu einem durchweg hörenswerten, bisweilen verzaubernden Kleinod von Album. Glückwunsch, David!
Das Album „Mumbling On The Floor“ von Marek Johnson erscheint am 19.04.2024 bei Papercup Records/Rough Trade.
The Bacon Brothers: Ballad Of The Brothers
Man muss Kevin Bacon einfach gern haben, wenn man den weltberühmten Schauspieler („Sleepers“, „Apollo 13“, „Mystic River“) in den sozialen Medien, offenkundig weiterhin schwer verliebt in seine Ehefrau Kyra Sedgwick (seit 1988!), posieren sieht. Der Mann strahlt auf diesen Bildern eine Beständigkeit und Ausgeglichenheit aus, die ihn sofort sympathisch macht. Dies gilt auch für sein zweites künstlerisches Standbein, die Musik. Das neue Album „Ballad Of The Brothers“ ist bereits das zwölfte gemeinsame Projekt von The Bacon Brothers aus Philadelphia seit dem Debüt „Forosoco“ im Jahr 1997. Kevins Bruder Michael hat als Komponist schon einige Emmy Awards in der Tasche, zusammen widmen sich die beiden Sänger und Gitarristen so klassisch-wertkonservativen Genres wie Folk, Rock und Country.
Die aktuelle Platte hebt natürlich nicht die Americana-Türen aus den Angeln (wer schafft das schon noch in dieser traditionellen Community?), aber die „Brüder-Ballade“ ist gleichwohl wieder ein schönes, abwechslungsreiches Stück Country-Rock geworden. „We’re still exploring the sound we began making all those years ago; we’ve just gotten a lot better at it“, sagt Michael Bacon, der bereits in den 70ern mit den Folkrockern Good News unterwegs war. Textlich bietet die Platte einen Mix aus autobiografischen und fiktionalen Elementen. Anspieltipps für ein insgesamt hochsolides Roots-Album der Bacon Brothers: „Dreams Of The San Joaquin“, „Airport Bar“ und der abschließende Siebenminüter „Live With The Lie“.
Das Album „Ballad Of The Brothers“ von The Bacon Brothers erscheint am 19.04.2024 bei Forty Below Records/Proper/Bertus.